Die norwegische Mitte-Rechts-Regierung, bestehend aus Konservativen (H) und Rechtsliberalen (FrP), die seit 2013 an der Macht ist, hat nun begonnen, zunehmend den norwegischen Staatsbesitz zu privatisieren.
Prinzipiell ist dies eine politische Entscheidung: In Norwegen hat man mit Staatsbeteiligungen in der Wirtschaft eher positive Erfahrungen gemacht: die verstaatlichte Ölindustrie subventioniert den Staatshaushalt und hält die Steuern niedrig, Staatsbeteiligungen machen Infrastrukturprojekte einfacher und langfristig günstiger, Bankbeteiligungen stützen den Bankensektor.
Daher wird von den Gegnern angebracht, es gäbe wenig überzeugende Hinweise, dass der Anteil staatlicher Beteiligung die Wirtschaftsaktivität hemmt, ebenfalls gibt es in Norwegen keinen Finanzierungsbedarf durch Privatisierung, wodurch diese somit reines Politikum ist.
Der stärkste Angriff von Seiten der sich nun formierenden Gegner ist jedoch die Tatsache, dass es von Seiten der Regierung auch keine wirkliche Strategie beim Verkauf gibt. Ein großer Teil der zum Verkauf angebotenen Unternehmensbeteiligungen wird auch eher von ausländischen Interessenten anvisiert, welche keine Verbindungen zum Land und Staat besitzen.
Als problematisch wird dies daher gesehen, da der norwegische Besitzer auf der Verkäuferseite steht. Norwegisches Kapital meidet zunehmend die Industrie und Schifffahrt und wettet eher auf Grundstücke, Handel und Finanzen. So ergibt sich ein erhebliches Problem, wenn keine Strategie für die Entwicklung des Eigentumbesitzes im Land vorhanden ist und es zusätzlich um die wichtigsten Industriezweige und natürlichen Ressourcen des Staates geht.
Man sollte meinen, dass besonders die konservativen Parteien die Notwendigkeit einer Eigentümer-Klasse, welche Verbindungen zu den Institutionen, dem Land und Staat haben, erkennen sollten. So ist dies aber nicht. Stattdessen werden große Unternehmen an den Meistbietenden verkauft, das Land wird so langsam in einen Klientelstaat umgewandelt, in denen die Interessen einzelnen fremden Eigentümern geopfert und nicht von der staatlichen Gemeinschaft sinnstiftend verwaltet werden.
Genauso wie man in Deutschland seit Jahrzehnten hpts. unter Regierungen von Konservativen und Liberalen massiv Staatsbeteiligungen abgebaut hat, wird dies nun unter Konservativen in Norwegen passieren.
Interessant ist nur, dass wir gerade mit Konservativen doch den Schutz heimischer Werte und Traditionen verbinden – conservativus bekanntlich mit erhaltend, bewahrend übersetzt wird.
Nur wo erhalten hier konservative Regierungen das Wohl der Gemeinschaft, wenn sie ohne Konzepte an den Meistbietenden Volkseigentum verschachern (und sogar später mit Posten in diesen Unternehmen belohnt werden)?
Was das anrichten kann, sehen wir ja in Deutschland: Maut, Mietpreisbremse, Unternehmen, deren Gewinne zum Gros an ausl. Eigentümer gehen und nicht dem Volke zugute kommen (Stichwort Stakeholder-Prinzip), hohe Sozialbeiträge weil das Sozialsystem privatisiert wurde und die Vermögenden sich durch Eigenversicherungen aus der Solidargemeinschaft entziehen können, usw.
Und auch wenn Konservative denken, damit erhöhen sie nach ökonomischer Lehre den Gesamtwohlstand, wird dies durch den einfachen Fakt widerlegt, dass in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg die Ungleichheit in Einkommen, Besitz und Vermögen nie höher als heute war – nie besaß eine Elite soviel und die Masse des Volkes so wenig am Staatswohlstand. Und das dies nichts mit der Privatisierung von staatlichem Eigentum und damit verbundener fehlender Strategie zu tun hat, ist unwahrscheinlich!
Wo also sind Konservative bei so einer Politik noch Konservative, wenn das Wohl des Volkes damit beschädigt wird, wenn ausländische Investoren ohne Bindung an das Land, die Normen, Werte und Institutionen sich Unternehmen krallen, nur um Profitmaximierung zu betreiben?!
Wenn Linksparteien die Verstaatlichung von Banken fordern, um ein in ihren Augen kleptokratisches Elitensystem zu beenden, die Reste der sozialen Marktwirtschaft zu erhalten bzw. die soziale Marktwirtschaft der 50er und 60er Jahre wiederherzustellen, sind diese dann wohl heutzutage neben ihrer linken Weltanschauung zusätzlich ebenfalls die besseren Konservativen!